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Ratgeber Arbeit

Ab aufs Rad?

Text Katrin Schreiter – Illustration Karolina Zolubak

Immer mehr Unternehmen bieten ihren Beschäftigten ein Jobrad beziehungsweise ein Dienstfahrrad an. Aber lohnt sich das auch? Profil rät, genau nachzurechnen.

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Foto: Stefan Koch

Volle Bahnhöfe, verstopfte Straßen: Für viele ist der Weg zur Arbeit mit Stress und langen Wartezeiten verbunden. Warum also nicht das Jobrad nutzen, das der Arbeitgeber zur Verfügung stellt? Vor allem in Großstädten kann es eine gute Alternative sein. Zudem ist es gut für die Umwelt und die Gesundheit.

„Das klingt im ersten Moment nach einer optimalen Lösung“, sagt Christian Jungvogel, Abteilungsleiter Tarifpolitik bei der IGBCE. „Aber nach meiner Erfahrung nimmt das nur ein relativ geringer Teil der Beschäftigten in Anspruch. Trotzdem lohnt es sich natürlich, genau hinzuschauen und nachzurechnen.“ Der Experte erklärt die wichtigsten ­Fakten.

Was ist ein Dienstfahrrad ­beziehungsweise Jobrad?

Ein Dienstfahrrad meist Jobrad genannt ist ein Fahrrad, E‑Bike oder Cargobike, das der Arbeitgeber den Beschäftigten zum Gebrauch überlässt. Es kann sowohl beruflich als auch privat genutzt werden. Das Prinzip ist einfach: Der Arbeitgeber least Fahrräder von einem Leasing­anbieter und stellt sie den Beschäftigten zur Verfügung. In der Regel kann sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ein Fahrrad bei einem beteiligten Händler ­aussuchen.

Arbeitgeber präsentieren sich so als attraktive Unternehmer. Viele werben sogar, dass sie mit diesem Angebot die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden fördern und die Mobilitätswende unterstützen. Nicht zuletzt binden sie ihre Beschäftigten an ihren Betrieb. Dem gegenüber steht der Abwicklungsaufwand, den der Arbeitgeber hat.

Anders als beim Dienstwagen muss bei der Gehaltsabrechnung der Weg zur Arbeit nicht ver­steuert ­werden.

Was gibt es steuerlich zu beachten?

Egal ob mit oder ohne E‑Motor: Dienstfahrräder werden steuerlich ähnlich wie Dienstwagen behandelt. Zudem gelten seit 2019 für Räder zusätzliche Steuervergünstigungen. In der Regel leasen Arbeitgeber die Räder oder E‑Bikes über spezielle Anbieter für den Zeitraum von drei Jahren und überlassen diese ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Leasingrate wird dabei ganz oder teilweise durch Entgeltverzicht von den Beschäftigten finanziert.

Im Anschluss an den Leasingvertrag können die Räder zum Restwert, meistens circa 15 Prozent des Neuwertes, übernommen werden. Gut zu wissen: Anders als beim Dienstwagen muss bei der Gehaltsabrechnung der Weg zur Arbeit nicht ver­steuert ­werden.

Was kostet das Dienst­rad­leasing?

Die Kosten werden maßgeblich von zwei Faktoren bestimmt: zum einen von dem Wert des Fahrrads, zum anderen von der Höhe des Zuschusses, den der Arbeitgeber zahlt. Viele Anbieter von Dienst­rad­leasing haben auf ihrer Website einen Rechner, mit dem sich die individuellen Kosten kalkulieren lassen.

Durch die Entgeltverwendung verkürzt sich der eigene Rentenanspruch.

Gibt es für Beschäftigte auch ­Nachteile?

Das kommt darauf an: Verzichten die Arbeitnehmenden mit dem Jobrad auf einen Teil des Gehalts in Höhe der Leasingrate, verändert sich die Berechnungsgrundlage auch für die Sozialversicherungsbeiträge. Das heißt: Durch die Entgeltverwendung verkürzt sich der eigene Rentenanspruch.

Im ersten Moment scheint das kein großer Betrag zu sein. Wenn man aber über einen langen Zeitraum immer wieder ein Jobrad nutzt, kann sich das auswirken. Finanziell lohnt sich das Jobrad nach IGBCE-Berechnungen vor allem bei hochpreisigen Modellen und für Menschen mit mittleren sowie hohen Einkommen.

Was schlägt die IGBCE vor?

Der Arbeitgeber spart bei der Entgeltverwendung für die Leasingraten Sozialversicherungsbeiträge. Deshalb sollte er sich mit dem entsprechenden Betrag an der Finanzierung der Leasingraten beteiligen oder zusätzlich die Beträge für die betriebliche Altersvorsorge der betreffenden Beschäftigten aufstocken, um dadurch die Renten­kürzung auszugleichen.

Für den Fall, dass Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Entgeltfortzahlung haben, weil sie beispielsweise über längere Zeit krank sind, sollte der Vertrag ruhen beziehungsweise beendet werden können. Dafür kann der Arbeitgeber eine spezielle Versicherung abschließen. Gleiches gilt, wenn das Arbeitsverhältnis endet.

Vorreiter auf zwei Rädern

In Deutschland liegen Jobräder voll im Trend. Nach Schätzungen des Bundesverbands Zukunft Fahrrad, der mehrere Leasing­dienst­leister vertritt, bieten etwa 100.000 Arbeitgeber mittlerweile das Leasing von Dienstfahrrädern an. Nach Schätzungen des Branchenverbands sind mehr als zwei Millionen Jobräder in Deutschland im Einsatz. Allein 2023 seien eine Million neue hinzugekommen.