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Betriebsrätejahrestagung

„Wir müssen langsamer machen“

Auma Obama sprach unter anderem über Millennials und die Gen Z.

Foto: Christian Burkert

Bei der 17. Betriebsrätejahrestagung der IGBCE Anfang August forderte Auma Obama, das Tempo nicht von der Tech-Industrie bestimmen zu lassen. Die studierte Germanistin, Stiftungsgründerin und Schwester des früheren US-Präsidenten, mahnte, den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen. „Wir müssen langsamer machen“, forderte sie. Die Tech-Industrie diktiere das Tempo in Wirtschaft und Gesellschaft. Obama nannte ein Beispiel aus Kenia: Hier wolle der Staat einen digitalen Identitätsnachweis einführen, obwohl viele Dörfer noch nicht einmal Strom haben. Immer mehr Menschen weltweit werden zu „Digitalnomaden“: Sie leben nicht an dem Ort, wo sie arbeiten, sondern reisen mit Smartphone und Laptop durch die Welt. Das bedeutet: Loyalität, Respekt und Ehrfurcht nehmen ab – vor dem Arbeitgeber, den Kolleginnen und Kollegen, vor Familie und Herkunftskultur. „Wir werden zu Einzelgängern.“

Peter Kadzimirsz, seit dreißig Jahren Betriebsrat bei der AGR Betriebsführung GmbH, beklagte: „Es gibt immer mehr Egoisten.“ Sein Rezept: zuhören und viel reden mit den Kolleginnen und Kollegen. Derzeit mache ihm der Rechtsruck Sorgen.

„Die Menschen sehnen sich nach Sicherheit und Stabilität. Genau das müssen wir liefern: durch unsere Tarifpolitik und als Treiber einer fairen, sozial und ökologisch ausbalancierten Transformation“, sagte der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis per Videobotschaft aus Brüssel, wo gerade die politische Agenda für diese Legislaturperiode des EU-Parlaments verhandelt wird.

IGBCE-Büro Brüssel

Offiziell eröffnet

EU-Vizepräsidentin Katarina Barley sprach über die europäischen Heraus-forderungen der Transformation.

Foto: Bernal Revert/dpa

Seit einigen Monaten ist die IGBCE mit einem eigenen Büro in Brüssel vertreten. Nun ist es mit einer politischen Diskussionsveranstaltung mit der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley, und dem IGBCE-Vorsitzenden, Michael Vassiliadis, offiziell eröffnet worden. Knapp hundert Gäste aus Politik und Wirtschaft kamen zur Veranstaltung in das Norway House, das direkt neben der europäischen Kommission liegt.

„Wie schaffen wir es, unsere starke Industrie in Deutschland und in Europa zu halten? Wie können wir das mit dem Klimapaket vereinen? Und welche Rolle spielen die Gewerkschaften dabei?“ Mit diesen Fragen gab Katarina Barley die Themen für den Abend vor. „Klar ist: Europa muss wettbewerbsfähiger werden und sich vor Dumpingwettbewerb schützen.“

Michael Vassiliadis betonte, es gehe nun darum, den „Green Industrial Deal“, also den Industrieplan zum Green Deal, der Europas In­dus­trie wettbewerbsfähiger machen und den Übergang zur Klimaneutralität beschleunigen soll, mit Stärke und Autorität zu versehen. Daraus müsse ein „Innovations- und Investitionsprojekt“ gemacht werden.

Ticker

Jetzt registrieren!

Einen zusätzlichen freien Tag erhalten alle nach Chemie-Tarifvertrag beschäftigten aktiven Mitglieder, die mindestens drei Monate in der IGBCE organisiert sind. Dafür müssen sie bis zum 31. März des jeweiligen Kalenderjahres ihre Mitgliedschaft beim Arbeitgeber nachweisen. Um den Nachweis erbringen zu können, musst du dich einmalig für den Mitgliederbereich „Meine IGBCE der IGBCE-Website registrieren.

Reise in die Ukraine

Eine fünfköpfige Delegation des internationalen Arbeitskreises der IGBCE-Jugend besuchte Anfang September das diesjährige Jugendtreffen der ukrainischen Partnergewerkschaft Atomprofspilka (Atomenergiegewerkschaft). Es war die erste Zusammenkunft dieser Art nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs. Nils Hindersmann, Leiter der Abteilung Politik und Internationales, begleitete die jungen Kollegen. „Es ist beeindruckend, wie sehr alle versuchen, ein normales Leben zu führen“, sagte Hindersmann. Die IGBCE-Kollegen zeigten sich bewegt, als Veteranen auf dem Treffen über die Herausforderung sprachen, nach dem Fronteinsatz wieder in ein normales (Berufs-)Leben zurückzukehren.


Chemieindustrie

Keine Entwarnung für Arbeitsplätze

Bundeskanzler Olaf Scholz stellte auf dem Verbandstag der chemischen Industrie Maßnahmen zur Stärkung des Chemie-Standorts Deutschland vor.

Foto: CI/Simone Neumann

Foto: Stefan Koch

Die Bundesregierung hat anlässlich des Verbandstages der chemischen Industrie ein Bekenntnis zum Chemie-Standort Deutschland abgelegt und ihren Einsatz für die Zukunftsfähigkeit der Branche bekräftigt. Sie zog gleichzeitig einen vorläufigen Schlussstrich unter die auf dem sogenannten Chemiegipfel verabredeten Vorhaben, mit denen die Branche unterstützt werden soll. Dazu gehören beispielsweise die Ablehnung eines Totalverbots ganzer chemischer Stoffgruppen wie per- und polyfluorierte Chemikalien, kurz PFAS, oder ein Bekenntnis zum risikobasierten Ansatz bei einer Novelle der Chemikalienverordnung REACH. Die Zusagen sollen nun laut Bundesregierung in konkretes Regierungshandeln umgesetzt werden.

„Die heute skizzierten Pläne zur Stärkung des Chemie-Standorts Deutschland mindern den Überdruck auf dem Kessel im Millibar-bereich. Mit Blick auf die Arbeitsplätze in dieser deutschen Schlüsselindustrie bringen sie keine Entwarnung“, sagt der IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis.

„Überfällige Investitionen in die Transformation der Standorte bleiben aus, stattdessen regiert der Rotstift. Täglich fallen gut bezahlte Jobs in dieser Kernindustrie weg. Das schadet nicht nur dem deutschen Wohlstand. Ganz Europa ist auf die Lieferungen aus Deutschland angewiesen, will man sich nicht in einer weiteren Schlüsselindustrie abhängig von China machen“, macht der IGBCE-Vorsitzende deutlich.

Weil Anlagen, Investitionen und Herausforderungen in der Chemie so groß seien, werde man die Kehrtwende mit den Ansätzen der Bundesregierung allein nicht schaffen. Es brauche klare Zusagen und Zeitpläne für eine funktionierende Wasserstoffversorgung und CO2-Entsorgung, für günstigen und rund um die Uhr verfügbaren Grünstrom und für die Förderung des Baus von Industrieanlagen, die sich heute betriebswirtschaftlich noch nicht rechnen. Vassiliadis mahnt: „Wir müssen schnell in die Offensive kommen, wenn wir das Spiel drehen wollen.“