Weniger ist mehr
Die meisten Menschen haben viel zu viel und kaufen trotzdem immer mehr. Doch es gibt auch den Gegentrend zu mehr Minimalismus. Profil zeigt dir, wie du Ballast loswirst.
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Ein paar Klicks und schon ist wieder ein neues Kleidungsstück gekauft oder das fünfzigste Paar Schuhe wandert ins Regal. Vielleicht kennst du diesen Rausch – er fühlt sich gut an. Kein Wunder: Schließlich führt Shoppen zur Ausschüttung des Glückshormons Dopamin. „Das ist einer der Gründe, warum wir Dinge konsumieren, die wir gar nicht unbedingt brauchen“, sagt Georg Felser, Wirtschaftspsychologe an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wernigerode. „Kaufen kann Spaß machen oder als Belohnung fungieren. Es kann aber auch trösten, zum Beispiel nach einer schlecht gelaufenen Prüfung, oder entspannend wirken, wenn der Stress gerade mal wieder überhandgenommen hat.“ Psychologinnen und Psychologen nennen das Stimmungsregulation. „Andererseits kann das Zuviel auch belastend sein“, sagt Felser. Etwa wenn Schränke, Keller und Dachböden überquellen. Spätestens dann fassen viele den Vorsatz, auszumisten.
Wer Dinge behält, um sie langfristig zu nutzen, tut zum einen etwas für die Umwelt, zum anderen für den eigenen Geldbeutel.
Trend zu Minimalismus
Gleichzeitig sehnen sich immer mehr Menschen nach einem einfachen Leben. Minimalismus ist kein neuer Trend. Bereits antike Philosophen priesen den Verzicht als Schlüssel zur Freiheit. Heute geht es den meisten Minimalistinnen und Minimalisten eher darum, der ewigen Konsumschleife zu entkommen und sich mehr auf die Gegenwart zu konzentrieren. Die Wissenschaft spricht davon, dass sich Menschen dadurch automatisch mehr mit den psychologischen Bedürfnissen beschäftigen, die zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen.
Wer minimalistisch leben möchte, sollte zwei Dinge beherzigen: Erstens sollte man nur kaufen, was man wirklich benötigt, und sich zweitens von allem trennen, was man nicht benutzt.
Doch welche Dinge braucht man wirklich und welche nicht? Und was ist mit Sachen, die man einfach nicht wegwerfen möchte? „Natürlich gibt es auch gute Gründe, Sachen zu behalten. Nicht zuletzt in puncto Nachhaltigkeit“, sagt der Fachmann. „Wer Dinge behält, um sie langfristig zu nutzen, tut zum einen etwas für die Umwelt, zum anderen für den eigenen Geldbeutel.“ Allerdings sollten sie dann nicht nur gehortet, sondern auch gebraucht werden.
Überflüssiges loswerden
Von alten Zeitungen und Zeitschriften über Bastelzeug von den Kindern, die längst erwachsen sind, ungenutzten Haushaltsgeräten bis zu ungeliebten Klamotten und kratzigen Handtüchern – all diese Dinge müssen auf den Prüfstand. Es soll ja sogar Leute geben, die noch alte Telefonbücher haben.
Aufräumexpertinnen und -experten raten in der Regel dazu, dort mit dem Ausmisten anzufangen, wo der Fortschritt schnell sichtbar ist. Zum Beispiel mit den Ecken, die auf den ersten Blick am meisten stören, etwa dem Couchtisch. Wer Probleme damit hat, einzuschätzen, was wegkann und was nicht, kann die Dinge auch erst einmal in drei Kategorien einsortieren: ausmisten, behalten und vorerst behalten. Auch können Fragen helfen wie:
- Ist das Teil kaputt?
- Wann habe ich es zuletzt benutzt?
- Wann werde ich es wieder benutzen?
Weitergeben statt wegwerfen
Aber auch neue beziehungsweise noch funktionierende Dinge, die keine Verwendung finden und seit Jahren die Schränke, Regale und Schubladen blockieren, können irgendwann zu Ballast werden. Hier könnte weitergeben statt wegwerfen eine gute Alternative sein. Denn was manche Leute nicht mehr benötigen, können andere vielleicht noch gut gebrauchen. Erste Adresse wäre hier der Flohmarkt. Aber auch zahlreiche Onlineplattformen bieten die Möglichkeit, Aussortiertes in andere Hände zu geben und sogar noch ein paar Euro damit zu verdienen. Man kann die Sachen, wenn sie noch brauchbar sind, natürlich auch spenden. Und nicht zuletzt freut sich vielleicht jemand aus der Nachbarschaft über die geblümte Tischdecke, das mediterrane Kochbuch oder die ausrangierten Puzzles.