Bezahlte Freistellung
Hochzeit, Geburt oder Todesfall: Beschäftigte müssen in solchen Fällen nicht zwingend Urlaubstage nehmen. Oft haben sie einen Anspruch auf bezahlte Freistellung – aber nicht immer. Profil erklärt die Rechtslage.
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Arbeits- und Privatleben lassen sich nicht immer problemlos vereinbaren – vor allem, wenn familiär besondere Termine oder außergewöhnliche Situationen anstehen. Du kannst natürlich Urlaub beantragen, doch häufig musst du das gar nicht. Denn für viele Anlässe gibt es Sonderurlaub.
„Allerdings gibt es hier keine für alle verbindliche Regelung“, erklärt Peter Voigt, Leiter der Abteilung Rechtspolitik/Rechtsschutz bei der IGBCE. „Ein Anspruch auf bezahlte Freistellung kann sich aus gesetzlichen Vorschriften ergeben, ebenso aus tariflichen Regelungen, Betriebs- beziehungsweise Dienstvereinbarungen oder arbeitsvertraglichen Absprachen.“
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Gesetzlicher Anspruch
Der Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) schafft dafür eine Basis. Darin heißt es: „Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“
Es geht also um eine Vergütung bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung. Voigt: „Solch ein Sonderurlaub wird wie ein zusätzlicher Urlaubstag gehandhabt und entsprechend bezahlt.“
Wofür gibt es Sonderurlaub?
Für welche Situationen und Anlässe kann es eine bezahlte Freistellung geben? „Von der Rechtsprechung anerkannt sind einerseits familiäre Ereignisse, andererseits persönliche Unglücksfälle“, weiß Voigt. Zu den familiären Ereignissen würden zum Beispiel die eigene Hochzeit oder die Eintragung der Lebenspartnerschaft, die Hochzeit der Kinder, die goldene Hochzeit der Eltern, die Geburt eines Kindes, Erstkommunion oder Konfirmation der Kinder sowie Begräbnisse im engen Familienkreis gehören.
Bei den persönlichen Unglücksfällen seien vor allem Einbruch, Brand, unverschuldeter Verkehrsunfall sowie zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft anerkannt. „Auch wenn ein wichtiger Arztbesuch nur in der Arbeitszeit wahrgenommen werden kann, besteht häufig ein Anspruch auf bezahlte Freistellung“, sagt der Fachmann und weist noch einmal auf die Verträge hin: „Arbeitgeber können im Arbeitsvertrag die Regelung des Paragrafen 616 eingrenzen oder vollständig aufheben.“
Gut zu wissen: „Ein Anspruch auf Freistellung kann übrigens auch bestehen, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten regelmäßig ohne Vorbehalt freigibt, ohne dass dafür Sonderurlaub vertraglich festgeschrieben ist“, erklärt der Jurist. Dabei handele es sich um eine Arbeitsbefreiung aufgrund einer sogenannten betrieblichen Übung, in bestimmten Regionen beispielsweise am Rosenmontag oder zu anderen örtlichen Fest- und Brauchtumstagen.
Ist der Sonderurlaub nicht abgesprochen und genehmigt, kann das zur Abmahnung und sogar zur fristlosen Kündigung führen.
Sonderurlaub genehmigen lassen
Grundsätzlich gilt: „Auch Sonderurlaub muss beantragt und vom Arbeitgeber bewilligt werden“, sagt Voigt. „Sollte der Arbeitgeber den Antrag auf bezahlte Freistellung ablehnen, muss er das entsprechend zeitnah begründen.“ So hätten die Beschäftigten noch die Möglichkeit, regulären oder unbezahlten Urlaub zu beantragen.
Auf keinen Fall sollte man sich selbst den Sonderurlaub einfach nehmen, rät der Jurist. Denn: „Ist der nicht abgesprochen und genehmigt, kann das zur Abmahnung und sogar zur fristlosen Kündigung führen.“
Was lässt sich tariflich regeln?
„Die IGBCE hat in nahezu allen Tarifbereichen einen Freistellungskatalog fixiert“, sagt Andreas Henniger, Leiter der Abteilung Tarifrecht/-gestaltung. Man habe nicht nur für die Klassiker wie die Geburt eines eigenen Kindes, die eigene Hochzeit und den Tod eines nahen Verwandten Sonderurlaub verhandelt. „Auch für den Umzug und für die Betreuung kranker Familienmitglieder, insbesondere Kinder, konnten wir Vereinbarungen treffen.“ Das gelte auch vorrangig vor dem Anspruch auf Kinderkrankengeld oder Kurzzeitpflege.
Weitere Ansprüche
Unabhängig vom Tarifvertrag seien Arbeitgeber verpflichtet, ihren Beschäftigten eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten. „Man spricht hier von der Entgeltumwandlung“, erklärt Hindersmann. „Dabei zahlen Beschäftigte Teile ihres Bruttogehalts in eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung ein.“ Der entscheidende Vorteil: „Wer Bruttogehalt umwandelt, spart Sozialversicherungsbeiträge“, so Hindersmann.
Die Arbeitgeber sind verpflichtet, die eingesparten Sozialversicherungsbeiträge (15 Prozent) in die betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen. Damit sich die Sache lohnt, sollte der Chef den Beitrag jedoch mit mindestens 20 Prozent bezuschussen.