Rocker mit Mission
Zwei Welten, ein Gedanke: Als Gewerkschaftssekretär ist Leon Kunkel zuständig für die Jugendarbeit. Privat hat er eine eigene Band. Für beides gilt: „Ich will Menschen bewegen.“
Es ist Freitagnachmittag. Leon Kunkel, 28, aus dem Landesbezirk Nordost macht sich letzte Notizen in seinem Aufgabenkalender für die kommende Woche: Ein Warnstreik steht an und Gespräche mit einer JAV-Runde. Auf diese freut sich der frischgebackene Gewerkschaftssekretär im Landesbezirk Nordost besonders. Denn sein Hauptaufgabenfeld ist die gewerkschaftliche Jugendarbeit.
Aber jetzt ist er erst einmal on the road und fährt in Richtung Frankfurt. In ein paar Stunden wird man kaum glauben, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt. Dann wird der ohnehin nicht übersehbare Gewerkschaftssekretär – er ist 1,90 Meter groß – zum Star auf der Bühne, tauscht Jeans und Polohemd gegen schwarze, kultige Lederklamotten. Der „Riese“ mit Vollbart ist Frontsänger und Gitarrist einer eigenen Band mit Namen First Damage (erster Schaden). Seine Musik: Rock und Heavy Metal. Die Mischung: kraftvolle Gitarrenriffs, dröhnende Bässe, hämmernde Schlagzeugbeats und martialischer, zugleich aber melodischer Gesang.
Aufgewachsen im nordhessischen Philippsthal, nur 500 Meter von Thüringen entfernt, bekam der fünfjährige Leon seine erste Gitarre. Seine Vorbilder: der irische Onkel, Countrymusik und Irish Folk. Einflüsse daraus finden sich immer wieder in seinen Songs.
Seine Eltern achteten darauf, dass ihr Sohn trotz seiner musikalischen Leidenschaft „etwas Ordentliches“ lernt. So absolvierte Leon Kunkel eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei K+S im Werk Werra und arbeitete dort nach der Übernahme als Schlosser. „Bis heute ist es für mich keine Frage, dass ein guter Beruf wichtiger ist als jedes noch so schöne Hobby!“ Außerdem merkte er schon während der Ausbildung, wie wichtig es ist, sich für andere einzusetzen, und so wurde er Gewerkschaftsmitglied. Er wurde Vorsitzender der Jugendvertretung sowie der Gesamtjugendvertretung bei K+S und bekleidete viele gewerkschaftliche Ämter in der IGBCE.
Wie sich Gewerkschaftsarbeit und Bühnenkarriere vereinbaren lassen? „Da hat die Digitalisierung einen großen Beitrag geleistet. Zum Glück kann man heute auch aus der Ferne miteinander reden und an neuen Songs arbeiten. Und reisen muss man ja in beiden Jobs viel, also ist auch das keine große Umstellung.“ Und noch mehr Gemeinsamkeiten gibt es: „Man muss beide Gruppen emotional packen. Der Unterschied ist, dass es bei der gewerkschaftlichen Ansprache auf Glaubwürdigkeit und Authentizität ankommt. In der Musik geht es darum, eine Show abzuliefern. Dabei kann man auch mal aus einer Rolle ausbrechen, aber das muss zum Gesamtbild und zu einem selbst passen.“
Ob es ihm durch seine Bühnenauftritte leichter fällt, vor großen Gruppen zu sprechen, zum Beispiel bei einer Kundgebung? Leon Kunkel lacht: „Das kann schon sein.“ Wichtig sei ihm aber vor allem eines: „Interessante Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen zusammenzubringen und gemeinsam für eine etwas bessere Welt einzutreten.“