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Vor Ort: Baden-Württemberg
4 Fragen an …
Axel Schmider
Der Duravit-Konzernbetriebsratsvorsitzende ist seit zwölf Jahren in der Bundestarifkommission Feinkeramik West.
Wie blickst du auf die jüngste Tarifrunde zurück?
Auch wenn es eine Floskel ist: Diesmal waren es tatsächlich die schwierigsten Gespräche überhaupt. Der Abschluss davor war lange her, unsere Leute mussten seither die Inflation viel zu lange aussitzen. Dass in den Kommissionen auf beiden Seiten viel Verhandlungs-Know-how allein deshalb zwischenzeitlich verloren ging, weil etliche Mitglieder altersbedingt ausschieden, machte die Gespräche besonders herausfordernd. Denn Kompromisse finden sich nicht im Auswürfeln von Zahlen, sondern im Umgang und im Respekt miteinander. Dafür aber muss man einander kennen.
Habt ihr die besonderen Probleme eurer Branche thematisiert?
Das tun wir seit Jahrzehnten, denn wir sind eine der unattraktivsten Branchen überhaupt. Wie sexy finden es junge Menschen, in einem Dreischichtbetrieb bei teilweise mehr als 40 Grad und einer Luftfeuchte von mehr als 90 Prozent zu arbeiten? Gar nicht! Seit Ewigkeiten machen wir den Arbeitgebern klar, dass eine „g’schwind Tarifrunde“ mit zwei Prozent mehr solche elementaren Probleme eben nicht löst. Immerhin: Mit dem Abschluss jetzt sind wir auf einem guten Weg.
Worauf bist du besonders stolz?
Mit dem Entgeltrahmentarifvertrag ist ab 2025 ein einmaliges Mosaik geschaffen, in dem tatsächlich jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin fair und transparent eingruppiert wird – finanzielle Entwicklungsperspektiven inklusive. Des Weiteren wurde für die aktuell laufende Tarifrunde Ost eine Steilvorlage geschaffen, um endlich die Splittung in Feinkeramik West und Ost zu beenden.
Also alles gut?
Das ist es für Betriebsräte nie. Die nächste Großbaustelle ist, den Mantel-
tarifvertrag zu modernisieren. Die Schichtzulagen liegen seit Jahrzehnten auf demselben Niveau. Berufseinsteigerinnen und -einsteiger entscheiden sich dann natürlich für andere Branchen. Das ist weder in meinem noch im Interesse des Unternehmens.
Karlsruhe
Die Modernisierung kommt
Nach rund 20 Jahren haben sich die baden-württembergischen Sozialpartner in der Papierindustrie auf eine neue Entgelttabelle verständigt. Damit profitieren die Beschäftigten von einem neuen, modernen Entgeltsystem – die Differenzierung nach Löhnen (für Arbeiter) und Gehältern (für Angestellte) ist passé. „Mit der geregelten Durchlässigkeit in der Regelüberführung konnten wir Einkommensverluste vermeiden“, zeigt sich Frank Heßler, stellvertretender Landesbezirksleiter, zufrieden. Das neue System baut auf 13 Entgeltgruppen mit mehreren Stufen auf. Besonders hervorzuheben ist, dass der bisher nur Angestellten zustehende Zuschuss zum Krankengeld jetzt für alle gilt. „Die genauen Veränderungen und Vorteile werden wir in den Betrieben den Mitgliedern näherbringen“, verspricht Frank Gottselig, Betriebsratsvorsitzender bei Essity Mannheim.
Schwäbisch Gmünd
Weleda baut Jobs ab
Nach Bekanntgabe eines Umsatzverlustes für 2022 will Weleda an Personal sparen. Zunächst ohne den Betriebsrat einzubeziehen, sprach das Unternehmen einige Beschäftigte auf das „Angebot“ eines Aufhebungsvertrages an. Nachdem sich Betriebsrat und IGBCE eingeschaltet haben, besteht nun ein Rahmeninteressenausgleich und ein Sozialplan, etwa 100 der knapp 1.000 Stellen abzubauen. Pikant: Für das auf Nachhaltigkeit getrimmte, neu gebaute Vorzeigelogistikzentrum (Foto: Animation) war sogar im Gespräch, gar keine eigenen Beschäftigten einzusetzen. Diese Ausgliederung ist vom Tisch.
Kornwestheim/Stuttgart
Rüstzeug für die Transformation
Auch Betriebsräte sollten eine nachhaltige Unternehmensführung einfordern, denn schließlich steigen hierzu auf Kunden- wie auch auf Investorenseite die Erwartungen. Klar ist, dass nachhaltiges Wirtschaften langfristig eine der Voraussetzungen dafür ist, Arbeitsplätze zu sichern.
Den Kick-off eines entsprechenden Seminars gab jüngst der Vorstand des Bezirks Stuttgart. „Wir möchten unsere Betriebsräte zu kompetenten Anlaufstellen für Unternehmensführung und Beschäftigte beim Thema sozialökologische Transformation machen. Als Gremium ist uns das eine Herzensangelegenheit“, so Bezirksvorstandsmitglied Andreas Augner.
Das vom Bezirk Stuttgart konzipierte Seminar wird an zwei Terminen auf Landesbezirksebene angeboten: vom 16. bis zum 18. Oktober in Karlsruhe und vom 14. bis zum 16. November in Ochsenhausen. Das Seminar ist praktisch gestaltet, arbeitet mit Checklisten und zeigt mögliche Fördermittel auf.
Anmeldung an: lb.bawue@igbce.de
Freiburg
WenDo-Seminar
Gezielt für Frauen bot der Bezirk Freiburg ein WenDo-Seminar an – übersetzt in etwa „Der Weg der Frau“, abgeleitet vom englischen Wort „Woman“ und dem japanischen Wort „Do“ für Weg. Konkret ging es um Prävention und Aufarbeitung von Gewalt gegenüber Frauen. Die Teilnehmerinnen erhielten Einblicke in Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungstechniken. Gekrönt wurde das Seminar durch das Zerschlagen eines Holzbretts als Symbol für die – Frauen oftmals nicht bewusste – Kraft unabhängig von Alter und körperlichen Fähigkeiten.
Stuttgart
In Gedenken
Die IGBCE trauert um den ehemaligen Landesbezirksleiter Baden-Württemberg, Ralf Stockheim. „Sein plötzlicher und viel zu früher Tod macht uns sehr betroffen. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie“, so Landesbezirksleiterin Catharina Clay.
Stockheim führte den Landesbezirk von 1997 bis 2011. In dieser Zeit und vor allem im Vorfeld verantwortete und begleitete er maßgeblich die Fusion der drei Vorläufergewerkschaften, aus denen die heutige IGBCE entstand. Zuvor übernahm er aus seiner Position als Gewerkschaftssekretär der Gewerkschaft Leder heraus 1995 die Position des Bezirksleiters. Zu seinen größten Herausforderungen als Landesbezirksleiter gehörte die Ausgestaltung und die Überführung der tariflichen Strukturen im Freudenberg-Konzern. Stockheim wurde 65 Jahre alt.