Praxis & Wissen

Ratgeber Leben

Wenn die Eltern alt werden

Text Katrin Schreiter – Illustrationen Karolina Zolubak

Oft beginnt es mit Kleinigkeiten: Die Eltern können ihr Leben nicht mehr allein meistern – und plötzlich sind die erwachsenen Kinder in der Pflicht. Doch woran erkennt man, dass Vater oder Mutter Unterstützung im Alltag benötigen? Und wie kann die Pflege zu Hause gelingen? Dieser Profil-Schwerpunkt erklärt, was du zum Thema Pflege wissen musst.

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Foto: Caritasverband Darmstadt

Ein schwerer Sturz, eine Krebserkrankung, ein Schlaganfall eine fortschreitende Demenz: Plötzlich geht es nicht mehr nur um Hilfe im Haushalt, sondern um die Pflege der Eltern, und es beginnt eine Zeit, in der sich Verantwortung und Fürsorge zwischen Kind und Eltern umkehren. Ein Rollentausch. Für viele erwachsene Kinder stellt sich die Frage: Schaffe ich das, Vater oder Mutter zu Hause zu pflegen?

„Die ersten Anzeichen zeigen sich meist im Haushalt“, sagt ­Alexandra Mandler-Pohen, Sozialarbeiterin beim Caritasverband Darmstadt e. V. „Plötzlich wird der Tisch nicht mehr vollständig abgeräumt. Die Tabletten, das Wasserglas, das Buch – die Dinge, die man später wieder braucht, bleiben einfach da, wo sie sind.“ Das sei häufig ein Zeichen dafür, dass ältere Menschen spüren, dass ihre Kraft nachlässt, sie mit ihrer Energie haushalten müssen.

Mandler-Pohen empfiehlt, auf solche Veränderungen mit Zurückhaltung zu reagieren. „Auf keinen Fall sollte man mit der Tür ins Haus fallen – nach dem Motto: ,Ich sehe ja, dass du nicht mehr klarkommst – jetzt muss eine Putzfrau her!‘“ Die Eltern würden darauf schnell mit Ablehnung reagieren, weiß die Sozialarbeiterin, die auf 25 Jahre Berufserfahrung zurückblickt. „Besser, man fragt: ,Wie geht es dir? Wo kann ich helfen?‘“, rät die Fachfrau. Denn problematisch für hilfsbedürftige Eltern sei nicht zuletzt das schlechte Gewissen, erklärt Mandler-Pohen. „Ich höre sehr häufig die Bedenken: ,Meine Kinder haben so viel zu tun … da will ich nicht zur Last fallen.“

Sinnvoll sei auf jeden Fall, erst einmal zu schauen, wie man dem betreffenden Elternteil in den eigenen vier Wänden helfen kann. „Zwei Drittel der alten Menschen wollen in ihrer Wohnung beziehungsweise in ihrem Haus bleiben. In einer vertrauten Nachbarschaft mit einer Umgebung, die sie kennen“, sagt die Sozialarbeiterin. „Der Umzug zu den entfernt wohnenden Kindern ist nicht selten am Ende enttäuschend.“ Mandler-Pohen rät, sich vor Ort Hilfe zu suchen etwa bei Wohlfahrtsverbänden und Pflegestützpunkten. „Wenn es eine Pflegestufe gibt, dann beim ambulanten Pflegedienst und bei der Tagespflege. Auch Angebote wie ehrenamtliche Besuchsdienste bieten sich an.“

Häusliche Pflege

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich bei der häuslichen Pflege Hilfe zu holen.
Die wichtigsten Bausteine auf einen Blick:

Der ambulante Dienst steht dem zu Pflegenden zu, wenn es einen Pflegegrad gibt. Der Dienst übernimmt häufig Aufgaben wie duschen oder umbetten.

Die Tagespflegeeinrichtung bestreitet die komplette Betreuung zum Beispiel für die Tage, an denen der Angehörige arbeiten geht. Informationen dazu geben die Krankenkassen/Pflegekassen oder Pflegestützpunkte vor Ort.

Die Verhinderungspflege, für die die Pflegekasse ebenfalls zahlt, entlastet die Angehörigen für bestimmte Stunden oder Tage, an denen sie selbst Termine haben oder einen Erholungstag planen.

Die Kurzzeitpflege unterstützt die pflegenden Angehörigen, wenn für sie Urlaub ansteht oder auch ein Krankenhausaufenthalt.

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Pflege zu Hause

„Als Erstes sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es sich dabei nicht um eine Kurzstrecke, sondern häufig um einen Marathon handelt“, sagt Mandler-Pohen. „Ich muss mich also fragen, ob ich das gesundheitlich und finanziell packe. Aber auch, ob ich die Unterstützung von meinem Partner oder meiner Partnerin und meinen Kindern habe.“

Für die Pflege sollte man einen Pflegegrad beantragen, falls nicht schon vorhanden. Denn dann zahlt die Pflegekasse sogenannte Pflegeleistungen. Manche Leistungen müssen allerdings extra beantragt werden. „Das Geld, das die Pflegekasse zahlt, reicht häufig nicht aus“, weiß Mandler-Pohen. Sie rät deshalb, auch entsprechende Anträge bei Sozialhilfeträgern, zum Beispiel beim Kreissozialamt, zu stellen, wenn es um ergänzende Hilfe im Pflegealltag geht.

Die Belastung ist hoch

Laut Statistischem Bundesamt waren Ende 2021 in Deutschland 4,96 Millionen Menschen pflegebedürftig. Etwa fünf von sechs (84 Prozent) wurden zu Hause versorgt. Nur ein Drittel der pflegenden Angehörigen ging arbeiten, jede*r Vierte hat die Arbeit aufgrund der Pflege reduzieren oder ganz aufgeben müssen. Sich Hilfe zu holen sei unerlässlich. „Man muss nicht alles allein machen.“ Dazu gehöre auch, dass sich die pflegenden Angehörigen Zeitfenster schaffen, um sich zu erholen, sich mit Freunden zu treffen oder zum Friseur zu gehen.

Die Sozialarbeiterin rät, sich schon im Vorfeld Gedanken zu machen. „In die Überlegungen sollten möglichst auch die Eltern einbezogen werden. Häufig sind sie eher zugänglich, über einen Plan B nachzudenken, solange es ihnen gut geht“, sagt sie und gibt zu bedenken: „Das Leben ist eben nicht bis zum letzten Tag planbar.“

Foto: privat

So klappt es mit der Freistellung

Wer plötzlich einen Angehörigen pflegen muss, muss viele offene Fragen klären. Eine, die sich für viele Berufstätige stellt: Wie soll ich das alles so schnell mit meiner Arbeit beziehungsweise mit meinem Arbeitgeber unter einen Hut bekommen? Vanessa Westphal, Fachsekretärin in der Abteilung Sozialpolitik/Arbeits- und Gesundheitsschutz der IGBCE, erklärt die drei wichtigsten Möglichkeiten:

Arbeitsverhinderung:

Gibt es eine akute Pflegesituation, können sich nahe Angehörige für bis zu zehn Arbeitstage von ihrer Erwerbsarbeit freistellen lassen. In dieser Zeit kann die Pflege organisiert werden. Zahlt der Arbeitgeber während der kurzfristigen Arbeits­verhin­derung keine Lohnersatzleistung, kann bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person ein Pflegeunterstützungsgeld beantragt werden. Das beträgt normalerweise 90 Prozent des ent­gan­ge­nen Nettolohns.

Anschluss:

Im Anschluss an die kurzfristige Arbeitsverhinderung – oder auch zu einem späteren Zeitpunkt – kann sich der*die pflegende Angehörige auch weiterhin freistellen lassen. Die sogenannte Pflegezeit kann bis zu sechs Monate dauern und entweder in Voll- oder in Teilzeit in Anspruch genommen werden.
Pflegende Angehörige haben während der Pflegezeit keinen Anspruch auf eine Lohnersatzleistung. Sie können stattdessen ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen.

Familienpflegezeit:

Zusätzlich dazu gibt es die Möglichkeit, eine Familienpflegezeit in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Freistellung handelt es sich um eine teilweise Reduzierung der ­Arbeitszeit. Die Familienpflegezeit kann bis zu 24 Monate dauern. Der Anspruch verkürzt sich für diejenigen, die zuvor schon eine Pflegezeit in Anspruch genommen haben. Pflegezeit und Familienpflegezeit dürfen zusammen nicht mehr als 24 Monate betragen. Auch während der Familien­pflegezeit haben pflegende Angehörige keinen Anspruch auf eine Lohnersatzleistung. Sie haben die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben zu beantragen.

„Die Pflege Angehöriger ist in Deutschland meist mit deutlichen finanziellen Nachteilen verbunden. Durch die häufige Reduzierung der Arbeitszeit verringern sich der Lohn und damit auch die Rentenpunkte. Pflegende meist sind es Frauen sind im Alter dann schlechter versorgt. Care-Arbeit wird nicht entlohnt.“

Vanessa Westphal, Fachsekretärin in der Abteilung Sozialpolitik/Arbeits- und Gesundheitsschutz der IGBCE

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Foto: privat

CareFlex Chemie

„Es hat nur wenige Monate gedauert“, erinnert sich Kai Banowski. Der 56-Jährige schüttelt dabei immer noch ein wenig ungläubig den Kopf: „Nach nicht einmal einem halben Jahr ist mein Schwiegervater von einem mobilen Mann zu einem totalen Pflegefall geworden.“ Dieser plötzliche Notfall in der Familie, das Gefühl, darauf nicht gut genug vorbereitet gewesen zu sein, und nicht zuletzt die hohen Rechnungen des Pflegeheims, die später gezahlt werden musstenall das hat Banowski mobilisiert. „Seit Kurzem können bei uns auch die außertariflich Beschäftigten (AT-Beschäftigten) CareFlex Chemie abschließen“, sagt der gelernte Chemiekant, der derzeit bei Axalta Coating Systems in Wuppertal freigestelltes Betriebsratsmitglied ist. Das habe er sofort genutzt, um für sich die CareFlex-Chemie-Aufstockung abzuschließen. „Das schützt mich natürlich nicht vor irgendwelchen Krankheiten“, sagt Banowski, „aber es gibt mir und meiner Familie das Gefühl, im Fall der Fälle nicht plan- und hilflos zu sein.“

Was ist CareFlex Chemie?

CareFlex Chemie ist die tarifliche Pflegezusatzversicherung, die die Beschäftigten in der Chemiebranche gegen das ­Pflegerisiko absichert – und zwar kollektiv und ohne Gesundheitsprüfung. Sie wird komplett durch den Arbeitgeber finanziert: Unabhängig vom Einkommen der Beschäftigten zahlt er monatlich 33,65 Euro ein.

Wenn der Leistungsfall eintritt, also wenn die Versicherten zum Pflegefall werden, erhalten sie in den Pflegegraden 2 bis 4 pro Monat 300 Euro bei ambulanter Pflege und 1.000 Euro bei stationärer Pflege in den Pflegegraden 2 bis 5 – zusätzlich zur gesetzlichen Pflegeversicherung. Zusätzlich bietet CareFlex Chemie die Möglichkeit, die Leistungen aufzustocken und Familienmitglieder mitzuversichern.

Weitere Infos unter: igbce-bonusassekuranz.de/careflexchemie

Besonderes Angebot

Wer vom Arbeitgeber beim Gruppen­versicherungs­vertrag angemeldet und im Beschäftigtenportal registriert ist, kann sich vom 1. Juni bis zum 31. Juli kostenfrei beraten lassen. Zusätzlich können bereits registrierte Beschäftigte ihre tarifliche Basisabsicherung mit der sogenannten Mini-Gesundheitsprüfung aufstocken und ihre Ehe- beziehungsweise Lebenspartner*innen sowie ihre Kinder mit der vereinfachten Gesundheitsprüfung mitversichern.

Für Neueinstellungen gelten die vereinbarten Regelungen der vereinfachten Gesundheitsprüfung weiterhin.