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Am Arbeitsplatz gelten klare Verhaltensregeln. Wer dagegen verstößt, riskiert eine Abmahnung. Eine Warnung – der nächste Schritt könnte die Kündigung sein. Solltest du deshalb reagieren? Nicht in jedem Fall.
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Wer zu spät kommt, unentschuldigt fehlt oder Aufträge nicht erledigt, riskiert eine Abmahnung. „Der Arbeitgeber spricht so eine Verwarnung wegen eines konkreten Fehlverhaltens aus“, sagt Peter Voigt, Leiter der Abteilung Rechtspolitik/Rechtsschutz bei der IGBCE (Foto). Oft wird die Abmahnung mit der Gelben Karte im Fußball verglichen. „Im Prinzip passt der Vergleich“, sagt der Jurist, „mit dem Unterschied, dass Abgemahnte nicht automatisch nach einer Gelben Karte eine Rote bekommen und vom Platz müssen.“
Arbeitsrechtlich heißt das: „Abmahnungen kann es sehr viele geben, aber nicht zwingend folgt auch eine schwerwiegende Konsequenz.“ Manchmal passiere gar nichts. „Andererseits kann aber – um im Bild zu bleiben – auch schon nach der ersten Gelben Karte die Rote kommen.“ Das heißt: „Bereits nach einer Abmahnung kann unter Umständen die verhaltensbedingte Kündigung ausgesprochen werden.“
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Nicht jede Abmahnung ist wirksam
„Meist wird die Abmahnung vom Arbeitgeber schriftlich verfasst – nicht zuletzt, um den Vorfall vor Gericht besser nachvollziehen zu können“, sagt Voigt. „Doch viele Abmahnungen sind unwirksam, weil sie bestimmten formellen Anforderungen nicht entsprechen“, weiß der Fachmann (siehe Kasten).
„Wer eine Abmahnung bekommt, sieht das oft als eine Beleidigung“, sagt der Rechtsexperte aus Erfahrung. „Häufig hilft ein klärendes Gespräch mit der oder dem Vorgesetzten.“ Deshalb warnt Voigt vor einer unüberlegten Reaktion: „Eine Klage zur Entfernung einer Abmahnung ist nicht immer zu empfehlen“, sagt er. „Denn auch wenn der Arbeitgeber vor Gericht verliert, wird er mit der gewonnenen Erfahrung aus einem verlorenen Prozess zukünftig rechtssicher abmahnen können.“ Vor allem wegen Formfehlern sollte man nicht klagen. „Es ist besser, wenn die Arbeitgeberseite denkt, eine wirksame Abmahnung ausgesprochen zu haben.“ Denn aufgrund der Formfehler würden Beschäftigte in der Regel in diesen Fällen sowieso den Prozess gegen eine später ausgesprochene Kündigung gewinnen.
„Eine Klage auf die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte ergibt also in der Regel wenig Sinn“, fasst Voigt zusammen. „Das würde die Sache juristisch aufladen, obwohl eine Kündigung noch gar nicht spruchreif ist.“
Eine Gegendarstellung ist sinnvoll
„Eine Gegendarstellung anzufertigen ist auf jeden Fall ratsam“, sagt Voigt. „Ob sie in die Personalakte muss oder nicht – auch hier gilt, dass man die Arbeitgeberseite ruhig in dem Glauben lassen sollte, eine wirksame Abmahnung erteilt zu haben.“
Voigt empfiehlt, einer Abmahnung etwas Positives abzugewinnen: „Man ist für ein Fehlverhalten mit einem blauen Auge davongekommen. Eine Warnung. Aber eine Kündigung kann es deswegen dann nicht mehr geben.“ Zudem könne die Abmahnung auch Anlass sein, für sich selbst zu prüfen, ob man an dem Arbeitsverhältnis festhalten möchte oder eine Veränderung für sich erwägt.